Das Übertrainingssyndrom - ein Thema für den Freizeitsportler?

Sportlich aktiv, den Marathon vor Augen? Doch sie leiden an Leistungsminderung, Müdigkeit, Motivationsstörungen, Befindlichkeitsstörungen, Schlafstörungen sowie Immunfunktionsstörungen. Passt nicht wirklich zusammen, aber immer mehr Sportler berichten von diesen Erscheinungen. Ein Beleg dem Gehirn im Sport mehr Aufmerksamkeit zu schenken stellt das Übertrainingssyndrom (OTS) dar. Ähnlich der Depression sind die Symptome wie eben angeführt. Einerseits zeigt der Sport durchaus positive Effekte auf das Gehirn-doch nun aufeinmal Gegensätzliches?

 

Die Symptome des OTS finden sich bei 60% aller Langstreckenläufer-zumindest einmal während ihrer aktiven Zeit. Über 50% aller Fussballspieler klagen am Ende der Vorrunde über die Symptomatik des OTS. 

 

Was genau heißt es eigentlich Übertrainingssyndrom? 

Es kommt aus dem Englischen: overtraining syndrome - OTS und kann allgemein als eine Überdosis Stress bezeichnet werden, die über das Maß an Regeneration einer  Erholungsphase nach dem Sport/Training hinausgeht. Abhängig von der Dauer der Überforderung treten Gesundheitsstörungen auf, die man heutzutage immer häufiger in der Presse als Burnout-Syndrome, Übertrainingssyndrom, Sports-Fatigue-Syndrome, usw. zu hören bekommt. Entscheidend für das Auftreten ist im Prinzip das Mißverhältnis zwischen zuviel Stress und zu wenig Zeit für Regeneration.

Im Hochleistungssport unterscheidet man auch Kurzzeit- und Langzeit-Übertrainingssyndrom. Ein Kurzzeit-OTS tritt gewöhnlich nach einem Trainingslager von 2-3 Wochen auf und äußert sich in der überbelasteten Muskulatur und allgemeiner Leistungsminderung. In der Trainingswissenschaft wird dann gewöhnlich ein Regenerationstraining mit einer Intensität von 30-70% für 2 Wochen absolviert. 

Beim Langzeit-OTS kommt dann das Gehirn ins Spiel. Es kommt außer den peripheren Ermüdungserscheinungen auch zu zentraler Ermüdung von mindestens 2 bis 4 Wochen. Meist ist die Folge dass Athleten die nächsten Monate auch keine Topleistung mehr abrufen können. Außerdem werden hier erste Gesundheitsstörungen beobachtet wie anfangs erwähnt wurde. Leider ist diese Leistungsminderung aufgrund eines OTS noch nicht so weit in der Trainergilde verbreitet und es wird oft mit noch mehr Training auf eine Leistungsminderung geantwortet. Dann wird der Weg zur \"alten Form\" erst recht schwierig und lang.


Was sind nun die Mechanismen, wie sich OTS zu erkennen gibt?

Im frühen Stadium treten zunächst periphere Mechanismen in Erscheinung, die Zentralen kommen später ins Spiel. Periphere Mechanismen sind Übertrainings-Myopathien (Muskelerkrankungen), Beeinträchtigung der Nebennierenrinden-Funktion und metabolische Ungleichgewichte. Zentrale Mechanismen sind erhöhte ACTH-Freisetzungen (Adrenocorticotropes Hormon). Im Gegensatz dazu wird im späten Stadium vermindert ACTH, HGH (Human-Growth-Hormone), FSH (Follikel-stimulierendes Hormon) und TSH (Schilddrüsen-stimulierendes Hormon) freigesetzt. Außerdem wurden Reduktionen des sympatischen Aktivität beobachtet, die die Symptome wie Müdigkeit, Antriebsminderung und Motivationsverlust erklären könnten. Eine entscheidende Rolle scheint dem Hormon Leptin (wird von Fettzellen gebildet; Fkt.: hemmt das Auftreten von Hungergefühlen, reguliert den Fettstoffwechsels) zuzukommen. Dies wird bei Überbelastung vermindert gebildet. Daraufhin wird das Neuropeptid Y (NPY) vermehrt synthetisiert, das die hypophysären, sympato-neuronalen und adrenalen Achsen hemmt.


Was bedeuted das für mich?

Im Fortgeschrittenen Stadium bedeutet das, dass das Gehirn mit der Peripherie vermindert kommuniziert und ich einen Leistungsabfall hinnehmen muss. Aber grundsätzlich kann man es als Schutzmechanismus verstehen, um weiterem Schaden entgegenzuwirken.


Doch wie kann ich sehen, ob ich zuviel trainiere?

Leider sieht es auf diesem Gebiet im Sportlabor noch sehr mau aus. Lediglich psychologische Fragebögen bieten ein Mittel um dem Übertraining auf die Schliche zu kommen. Es bieten sich der POMS-Test (Profile of mood test) oder der RESTQ-Test (recovery-Stress-Questionäre-Sport-Test). Aber allein die Situation vor einem wichtigen Sportevent einem Sportler aufgrund eines Fragebogens zu erklären, er sei übertrainiert, spricht wohl für sich...man will es nicht wahrhaben!

Biophysiologische Parameter die mit Müdigkeit korrelieren wie verminderter Katecholamin-Spiegel könnten dabei eher zum Erfolg führen. Erhöhte Spiegel von Kreatin-Kinase korrelieren zwar mit Muskelschmerzen, aber wiederum nicht mit Müdigkeit. Generell fehlt einfach noch eine Methode um eine eindeutige Diagnose stellen zu können. 


Am besten man wirkt dem OTS selbst entgegen. Unsere Empfehlung:

  • Wer einen Wettkampf bestreiten will, sollte die Wettkampfleistung nicht 20 mal vorher im Training abrufen, sondern mit Intervallen darauf hintrainieren
  • Steigere Trainingsumfang vor der Intensität
  • Training im Hungerzustand ist kontraproduktiv
  • Ausreichend Kohlenhydrate vor, während und nach langandauerndem Training  
  • Ausreichende Versorgung mit Eisen, Magnesium und Vitamin D


Dann kann der Marathon kommen und es läuft sich glücklich!


Weitere Infos:

Lehmann M, Baur S, Buck C, Gastmann U, Lehmann C, Liu Y, Lormes W, Opitz-Gress A, Reissnecker S, Simsch C, Steinacker JM (1999): Übertraining und Leistungsminderung. Vom harten Training, großer Wettkampfdichte und kurzen Regenerationszeiten. In: Leistungssport, 5, 1999.

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