Prognostiziert das Bewegungsverhalten in der Jugend Krankheitsverläufe im späteren Lebensalter?

Sportwissenschaft aktuell

Chronische Krankheiten nehmen in den westlichen Industrieländern kontinuierlich zu. Dabei bestimmen drei Krankheitsgruppen das Bild:

  • Allergische sowie asthmatische Erkrankungen
  • Adipositas
  • Psychatrische Krankheitsbilder wie z.B. Aufmerksamkeitsdefizit/Hyperaktivitätssyndrom (ADHS)

Was hat der Sport damit zu tun?

 

Es stellt sich die Frage, inwiefern der veränderte Lebensstil dazu beiträgt, besonders unter dem Aspekt, dass sich unsere Kinder weniger bewegen und sich die sportmotorischen Fähigkeiten zunehmend reduzieren. Steht ein passiver Lebensstil in direktem Zusammenhang mit der Entstehung genannter Krankheitsbilder? Können wir unsere Kinder mittels Sport vor eventuellen Krankheiten schützen?


Der Deutsche Sportbund untersucht regelmäßig sportmotorische Leistungen unserer Kinder. In diesen Studien ließen sich drastische Veränderungen ermitteln:

- im Jahr 2002 hatten 10-Jährige nur noch eine 70%ige Leistungsfähigkeit von 10-Jährigen im Jahr 1995

- Kinder können heutzutage durchschnittlich 860 m laufen, vor 20 Jahren waren es im Durchschnitt 148m mehr

- vor 25 Jahren erreichten durchscnittlich alle Kinder ihre Fußsohlen bei Rumpfbeugen, heute erreicht kein Kind mehr die Füße mit den Händen


Stehen diese Fakten in direktem Zusammenhang mit chronischen Krankheiten?

Hinsichtlich der zunehmenden Erkrankung der Asthma Bronchiale zeigt sich ein direkter Zusammenhang zwischen Häufigkeit der Erkrankung und einem inaktiven Lebensstil im Kindesalter. Die "Odense-Schulkinderstudie" postulierte die "Bewegungshypothese", die ergab, dass das Risiko im Kindesalter Asthma neu zu entwickeln proportional vom Bewegungsgrad der Kinder abhängig ist. Nicht-Asthmatiker zeigen doppelt bis dreifach längere Aktivitätszeiten als Asthmakinder. Zum Beispiel zeigen "Computerspielende Kinder" eine wesentlich flachere Atmung als z.B. "nur" lesende Kinder. Sportliche Kinder fallen erst gar nicht auf als "Flachatmer"!

Die Adipositasentstehung hängt grundsätzlich von dem Gleichgewicht zwischen Energiezufuhr und Energieverbrauch ab. Mit dem "american paradox" postulierte These stellt deutlich dar, wie wichtig sportliche Aktivität zur Vorbeugung des Übergewichts und den dadurch entstehenden Erkrankungen in unserer Gesellschaft ist. Denn von 1976 bis 1991 sank in den USA der "Fettkonsum" bzw. die tägliche Kalorienaufnahme pro Person drastisch. Trotzdem ist die Fettleibigkeit auf dem Vormarsch wie nie zuvor. Allein in Deutschland erreichen nur noch ca. 33% der Bevölkerung ein "Idealgewicht". Daher lässt das "american paradox" keinen Zweifel daran, dass unsere Kinder nicht an einer zu hohen Kalorienaufnahme leiden, sondern an der Zeit, die sie vor dem Fernseher, Computer, usw. verbringen und inaktiv die Speckröllchen verwalten.

Sport hat aber nicht nur Einfluss auf Übergewicht oder das Herz-Kreislauf-System, sondern wirkt sich wie immer mehr erforscht wird positiv auf Funktionen im Gehirn, wie z.B. Lern- und Gedächtnisprozesse, neuronale Vernetzungen, Wohlbefinden, Selbstbewusstsein, etc. aus. Daher steht ein inaktiver Lebensstil unserer Kinder auch in direktem Zusammenhang zu Störungen im Kinder- und Jugendpsychatrischen Bereich. Am Beispiel "Schule" zeigt sich, dass Störungen im Sozialverhalten im Unterricht von 1995 bis 2000 um über 100% (!) zugenommen haben. Auffallend in dieser Untersuchung war, dass "Störungen" an Tagen ohne Schulsport signifikant höher waren. Dass trotz dieser Daten das Schulsportangebot weiterhin reduziert wird, verdeutlicht die Notwendigkeit unseren Kindern im Sportverein das nötige Etwas an Bewegung  zu ermöglichen.

Dass durch Inaktivität ein erhöhtes Morbiditätsrisiko besteht ist in vielfachen Studien ausreichend belegt. Konsequenzen werden daraus - so scheint es - jedoch kaum gezogen. Schulsport wird teilweise gestrichen, Kinder werden mit Diäten gequält, die an sich gar nicht nötig wären und Asthmatiker vom Sport gar eher ferngehalten. Ein Umdenken zur "Vita activa" ist erforderlich, die eine immense präventive Bedeutung hat. Daher empfehlen wir den Gang zum nächsten Sportverein.

 

Nähere Infos unter:

  • Lecheler J (2008): Trägt das veränderte Bewegungsverhalten von Kindern und Jugendlichen zur Entstehung chronischer Krankheiten bei? Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin, 59, 10, 2008
  • Kubesch S: Sportunterricht: Training für Körper und Geist Nervenheilkunde 21 (2002) 481-490. 
  • Deutscher Sportbund (Hrsg.): WIAD-AOK-DSB-Studie II. Bewegungsstatus von Kindern und Jugendlichen in Deutschland. (2003)
  • Wamser P und Leyk D: Einfluss des Sportunterrichts auf Unterrichtsstörungen. www.vdlö.at/aktuell (2006).
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