„Wir sind überzeugt: Berlin kann das!“

Kompetentes Olympia/Paralympics-Podium: Klaus Grewe, Prof. Wolfgang Maennig, Tim-Christopher Zeelen (CDU), Daniela Schulte, Klaus Böger (v.l.)Bild 1 von 1
Kompetentes Olympia/Paralympics-Podium: Klaus Grewe, Prof. Wolfgang Maennig, Tim-Christopher Zeelen (CDU), Daniela Schulte, Klaus Böger (v.l.) |

Aber wie bringt man diese Überzeugung unter die Leute? Sportpolitisches Gespräch der CDU

Deutschland will Olympische Spiele austragen! Der Entschluss des DOSB, sich um die Spiele 2024 oder 2028 mit Berlin oder Hamburg zu bewerben, hat in den vergangenen Wochen eine Reihe von Aktivitäten ausgelöst. An der Elbe ebenso wie an der Spree. Ein Forum folgt dem anderen, doch noch sucht man nach dem Schlüssel dafür, was Karl Marx mal mit dem Satz umschrieben hat, die Idee werde dann zur „materiellen Gewalt, wenn sie die Massen ergreift“. Hat die „olympische Idee“, verbunden mit Berlin als Heimstatt der Spiele, die Massen schon ergriffen?

Auch darüber wurde, direkt oder indirekt, beim Sportpolitischen Gespräch der Berliner CDU-Fraktion am 18. November in der Jesse-Owens-Lounge des Olympiastadions referiert, diskutiert und – immerhin – manchmal auch ein wenig gestritten. Das Thema war mit „Olympische und Paralympische Spiele in Berlin“ simpel benannt, das Podium dafür aber höchst kompetent ausgewählt. Ruder-Olympiasieger, Wirtschaftsökonom und mehrfacher Olympia-Gutachter Prof. Wolfgang Maennig, der ehemalige Senior Project Manager der Spiele in London 2012 Klaus Grewe, LSB-Präsident Klaus Böger und Schwimm-Paralympicssiegerin Daniela Schulte boten die Garantie für mehr als zwei Stunden Kurzweil, Fundamentales und Quergedachtes. Justament am selben Tag hatte IOC-Präsident Thomas Bach seine 40 Reformvorschläge zur Agenda 2020 der „Weltregierung des Sports“ vorgelegt. Das bot einen zusätzlichen Fokus für die olympische Debatte.

Der Veranstalter, mithin die Mit-Regierungspartei CDU, und ihr Innen- und Sportsenator Frank Henkel in seinem Grußwort ließen wenig überraschend die Gelegenheit nicht aus, auf ihre Pro-Olympia-Position hinzuweisen. „Als erste Fraktion haben wir uns für die Ausrichtung dieser Sportgroßveranstaltung eingesetzt“, hieß es in der Einladung des Fraktionsvorsitzenden Florian Graf und des Sportpolitischen Sprechers Peter Trapp. Und gleich danach, Olympia und Paralympics böten „eine einmalige Chance für die Stadt und die gesamte Region“. In den Mittelpunkt gerückt seien dabei ebenso ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit wie „die Beteiligung der gesamten Stadtgesellschaft am olympischen Prozess“.

Weitgehende Einigkeit bei den Prominenten auf dem Podium und den Zuhörern – nichts dagegen einzuwenden, meinte Maennig, den aber der nahezu totale Grundkonsens auch kritisch beschäftigte, „weil er nicht das Meinungsbild draußen wiedergibt“. Wenn sich Überzeugte zusammensetzen und sich ihrer Überzeugung versichern, mache das für die Sache nur begrenzt Sinn. „Wir werden aus dieser Veranstaltung rausgehen und keinen einzigen Olympiagegner auf unsere Seite gebracht haben, weil keiner da war.“ Die Leute für Olympia gewinnen, sie fragen, wie sich sich dieses Ereignis wünschen und vorstellen, ist für ihn der Kernpunkt der ganzen Bewerbung. Immerhin, so stellte er fest, gebe es jetzt keinen „so heftigen Widerstand gegen Olympia wie 2000, das ist nicht selbstverständlich“. Andererseits habe die Öffentlichkeit noch gar nicht richtig auf das Thema reagiert. „Ist es so wenig emotionalisierend? Dabei ist doch Berlin wunderbar bunt und wiedersprüchlich“, so Maennig.

Dafür, so der Professor, sei ihm die Bewerbung „zu glatt, nicht provozierend, frech und grell genug, nicht so, wie sich die Berliner selber sehen“. Man brauche das Freche und Laute. Das sei keine Belastung, sondern eine Chance. Daneben stellte der Ökonom seinen Vorschlag, Olympia in Berlin ohne öffentliche Gelder für Bewerbung (vorgesehen sind 50 Mio) und die Spiele selbst (mind. 2 Mrd) auszurichten, und zeigte sich „überzeugt, dass das machbar ist“. LSB-Präsident Klaus Böger stimmte Maennig in vielem zu, meldete in Sachen Finanzierung aus der Erfahrung vergangener Spiele aber Zweifel an: „Die Botschaft hör' ich wohl, allein ich kann sie nicht so recht glauben.“ Vor allem aber gelte: „Olympische Spiele wären für Berlin ein enormer Motor, um den Sport in ganzer Breite voranzubringen.“ Dies belegte er u.a. am Beispiel von Sportstätten, die im Rahmen der gescheiterten Olympiabewerbung 2000. Die Schmelinghalle sei nicht nur Heimstatt für Hand- und Volleyball, beherberge nicht nur das LLZ Tanzen, sondern auch neun Doppel-Turnsporthallen - „ein Zeichen für Nachhaltigkeit, das ich in dieser Form so nicht noch einmal kenne“. Dass für solche Vorhaben auch Steuergelder benutzt werden, sei für ihn keine Verschwendung, sondern absolut legitim. Die 53 Prozent Zustimmungsrate pro Olympia vom Sommer sieht Böger als Ausdruck einer skeptischen Berliner Grundhaltung, die indes nicht a priori zu beklagen ist. „Man muss die Herausforderung annehmen, die Zweifler überzeugen und zu einer verbindlichen Aussage pro Olympia bewegen. Das dürfen die Politiker nicht der Bevölkerung abnehmen – das muss man zivilgesellschaftlich machen. Ohne ein eindeutiges Commitment der Berliner wird es keinen Bewerbungsprozess geben.“

Und so, auch dies war ein Fazit der Veranstaltung, ist die eigentliche Grundsatzfrage nicht mehr, wie vom Fraktionsvorsitzenden Florian Graf formuliert „Wir sind überzeugt: Berlin kann das!“, sondern die Gewinnung der Mehrheit der Bürger für die Aussage: „Berlin will das!“ Sportsenator Henkel hatte in seinem Grußwort angekündigt, ab Januar „weitere Veranstaltungs- und Beteiligungsformate“ zu schaffen, bei denen sich die Berliner einbringen und artikulieren können. Letztlich soll dies in eine Charta der Olympiaunterstützer münden. Bekomme Berlin den Zuschlag, bedeute das weltweite Aufmerksamkeit für eine weltoffene Metropole und einen Schub für die Stadt in nahezu allen Bereichen. Man müsse jetzt „qualifizierte Leute finden, die Projektmanagement können“, die eine effiziente Organisationsstruktur schaffen und diese steuern können, sagt Klaus Böger.

Text/Foto: Klaus Weise

Newsletter abonnieren
Jetzt registrieren
Finde uns auf
Facebook
Suche

Werbeanzeige

Banner