45.500 Mal Gänsehaut beim ISTAF 2018: Emotionaler Abschied von Robert Harting

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| © ISTAF

45.500 begeisterte Fans, sportliche Topleistungen, der letzte Auftritt von Altmeister Kim Collins und als emotionaler Höhepunkt der Abschied von Robert Harting: Das 77. ISTAF im Berliner Olympiastadion war ein Fest der Leichtathletik voller großer Momente. Auch Nadine Hildebrand lief ihr letztes Rennen, Vize-Europameisterin Christina Schwanitz revanchierte sich für die Niederlage bei der EM vor drei Wochen an gleicher Stelle und die Frauen-Staffel um Gina Lückenkemper sprintete zum ISTAF-Sieg. 

 

„Dieses ISTAF war sicherlich eines der emotionalsten in der langen ISTAF-Geschichte. Ein Nachmittag voller Gänsehaut-Momente und toller Leistungen“, sagte Meeting-Direktor Martin Seeber. „Höhepunkt war natürlich der Abschied von Robert. Die ISTAF-Fans waren wieder sensationell. Ganz herzlichen Dank an alle, die im Stadion waren!“

Robert Harting musste sich bei seinem letzten Auftritt in seinem „Wohnzimmer“ mehrmals die Tränen aus dem Gesicht wischen. Mit stehenden Ovationen feierte ihn das Publikum minutenlang, der Olympiasieger drehte mit seinen Diskus-Mitstreitern und weiteren Athleten unter dem tosenden Applaus der ISTAF-Fans eine Ehrenrunde. Die Familie, engste Freunde und Bekannte hatten sich unterdessen in einem „Cabrio-Doppeldeckerbus“ versammelt, der während des gesamten Wettkampfs in der Nähe des Diskusrings für eine besondere Atmosphäre sorgte. Für das i-Tüpfelchen sorgte dann Harting selbst, als er im sechsten Versuch seinen Diskus auf knapp 65 Meter jagte und sich hinter seinem Bruder Christoph auf dem zweiten Platz einreihte.

„Das war ein atemberaubender Abschied hier beim ISTAF“, sagte Robert Harting. „Ich fühle mich sehr geehrt, dass so viele Leute gekommen sind. Mein letzter Wurf hat für mich heute alles ins Reine gebracht. Ich bin in letzter Zeit oft an mir selbst gescheitert. Und deshalb war es schön, dass ich es mir heute zum Abschied noch einmal selbst zeigen konnte. Das Selbstbewusstsein ist jetzt wieder da. Ich hätte glatt Lust, weitere Wettkämpfe zu machen. Aber man soll ja aufhören, wenn es am schönsten ist. Jetzt verstehe auch ich diesen Satz.“

Das ISTAF-Programm war mit Beginn des Diskuswettbewerbs auf die Leichtathletik-Legende zugeschnitten. Nach der Vorstellung der Diskuswerfer folgte ein Video mit Grußbotschaften zahlreicher Athleten, die sich wie einst Robert Harting ihr Shirt zerrissen. Alte Weggefährten wie Piotr Malachowski, Gerd Kanter und Martin Wierig motivierten ihn auch während des Wettkampfs immer wieder, später breiteten sie ein Dankeschön-Banner aus und gingen mit Robert Harting auf die umjubelte Ehrenrunde. „Das ist Ehrensache“, sagt sein Bruder Christoph. „Denn es verlässt nicht irgendwer die Bühne, sondern einer der Großen. Das Publikum war grandios.“

Auch Sprint-Star Gina Lückenkemper freute sich über die gelungene Abschiedsvorstellung von Robert Harting: „Alle, die am heutigen Tag organisatorisch beteiligt waren, können sich auf die Schulter klopfen. Das war großes Kino“. Den Wettbewerb gewann Christoph Harting mit 65,67 m vor seinem Bruder Robert (64,95 m) und Martin Wierig (63,67 m) – ein deutscher Dreifachsieg beim Harting-Abschied.

Zuvor war dieses Kunststück schon der deutschen Speerwurf-Riege geglückt, auch in Abwesenheit des verletzten Weltmeisters Johannes Vetter. Nach EM-Gold für Thomas Röhler und dem Diamond League-Sieg von Andreas Hofmann wäre aber fast Julian Weber zum großen Gewinner geworden. Mit dem zweiten Versuch (85,54 m) ging er in Führung. Doch Thomas Röhler hielt dagegen und gewann mit einem Wurf über 86,50 m. Dritter wurde Andreas Hofmann mit 85,09 m.

Der dritte deutsche Sieg des Abends ging auf das Konto von Christina Schwanitz (19,25 m). Ihr gelang damit die EM-Revanche gegen die Polin Paulina Guba (18,58 m). EM-Revanche auch im Hochsprung: Europameister Mateusz Przybylko (2,28 m) kam auf 2,28 m, während der Weißrusse Maksim Nedasekau (2,30 m) die nächste Sprunghöhe meisterte und sich damit den Sieg holte. Mit dem zweiten Platz musste sich auch Sperrwurf-Europameisterin Christin Hussong (61,51 m) begnügen, die Australierin Kelsey-Lee Roberts beförderte ihren Speer im letzten Versuch noch etwas weiter (62,70 m).

Eine Frau aus Down Under stand auch im Weitsprung am Ende ganz oben auf dem Treppchen. Brooke Stratton kam auf 6,71 m. Für Europameisterin Malaika Mihambo war das ISTAF der dritte Wettkampf innerhalb von drei Tagen, dennoch sicherte sie sich mit 6,63 m Rang drei.

Erstmals stand für die Frauen die Meile auf dem ISTAF-Programm. Marta Pen Freitas siegte mit in 4:22,45 Minuten – persönliche Bestzeit und portugiesischer Rekord. Lediglich um etwas mehr als drei Sekunden verpasste Konstanze Klosterhalfen in 4:24,27 Minuten auf Rang drei den deutschen Rekord.

Im 1.000-m-Rennen triumphierte die Südafrikanerin Caster Semenya und gewann mit Weltjahresbestleistung (2:30,70 Minuten). Das ist die fünftbeste je gelaufene Zeit weltweit.

Über 100 Meter Hürden sprinteten Pamela Dutkiewicz (12,73 Sekunden) und Cindy Roleder (12,77) mit schnellen Zeiten wie schon bei der EM auf Rang zwei und drei. Ganz vorn war dieses Mal die US-Amerikanerin Christina Manning (12,72), die fast noch von Pamela Dutkiewicz abgefangen worden wäre. Nadine Hildebrand zeigte sich in ihrem letzten Rennen topfit (12,97) und vor allen Dingen sehr dankbar, dass sie beim ISTAF ihre Karriere beenden durfte. Schließlich hatte die Sindelfingerin die Qualifikation zur EM verpasst. „Ich hatte mit meinem Krafttrainer eine Wette laufen“, verriet Nadine Hildebrand. „Wenn ich unter 13 Sekunden laufe, gibt's eine Pizza. Da dachte ich: Komm, die Pizza hole ich mir!“

Marie-Josée Ta Lou hatte die schnellsten Beine über 100 Meter (11,08 Sekunden), hier wurde Gina Lückenkemper Dritte (11,18) hinter Michelle-Lee Ahye (Trinidad und Tobago; 11,13). Die deutschen Hürden- und Flachsprinterinnen waren zum Ende des Meetings nochmal in Aktion und sorgten für einen weiteren Höhepunkt. Lisa-Marie Kwayie, Alexandra Burghardt, Jessica-Bianca Wessolly und Gina Lückenkemper siegten dank eines furiosen Schlussspurts von Gina Lückenkemper in 42,98 Sekunden vor den Britinnen. Die Staffel der deutschen Hürdensprinterinnen mit Cindy Roleder, Pamela Dutkiewicz, der EM-Fünften Ricarda Lobe und Nadine Hildebrand zog sich achtbar aus der Affäre (5. Platz) – 43,71 Sekunden ohne Wechseltraining und ohne ein einziges gemeinsames Staffelrennen.

2003 war Kim Collins Weltmeister, Publikumsliebling ist der 42-Jährige ohnehin. Da störte sich das enthusiastische Publikum auch nicht daran, dass der Altmeister über die 100 m nicht mehr ganz vorn mitlief (10,45 Sekunden) – Collins wurde frenetisch gefeiert. Es gewann Tyquendo Tracey (10,05). Die Jamaikanerin Kimberly Williams (14,40 m) war die Nummer eins im Dreisprung, eine schnelle Zeit lieferte der Spanier Orlando Ortéga über 110 Meter Hürden (13,15 Sekunden). In 9:10,27 Minuten dominierte Colleen Quigley über die 3.000 Meter Hindernis – noch nie ist die die US-Amerikanerin schneller gelaufen. Eine sehr schnelle Zeit legte auch der Diamond League-Sieger Timothy Cheruiyot auf die Bahn. Er gewann die 1.500 Meter in 3:32,37 Minuten.

Drei Deutsche platzierten sich zwar in der Ergebnisliste nicht ganz vorn, sorgten aber für emotionale Momente bei einem sowieso schon denkwürdigen 77. ISTAF. Bei den „Diskus-Riesen“ mischte Zehnkampf-Europameister Arthur Abele (43,32 m) mit. Die EM-Dritte Carolin Schäfer (51,87 m) trat gegen die Speerwurf-Spezialistinnen an und Hochspringer Raul Spank, der seine Karriere beendet hat, ging kurzfristig an den Start und genoss die einmalige ISTAF- Atmosphäre.

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